Studie: Wie verständlich informieren deutsche Städte ihre Bürger?

Studie: Wie verständlich informieren deutsche Städte ihre Bürger?

40 Prozent der städtischen Online-Informationen für Bürger sind schwer verständlich. Das führt nicht nur zu vermeidbaren Rückfragen und Missverständnissen, sondern auch zu hohen Kosten und dem Ausschluss von Menschen aus wichtigen Informationen.

Stand: 10.01.2024 – Gidon Wagner, WORTLIGA Tools GmbH

Über 40 Prozent der städtischen Informationen sind kaum zu verstehen

86 Prozent der Deutschen haben Schwierigkeiten, Texte von Ämtern und Behörden zu verstehen. Das betrifft alle Bildungsschichten. Unverständliche Sprache richtet große Schäden an: Vermeidbare Rückfragen und Missverständnisse durch Beamtendeutsch verursachen Kosten in Millionenhöhe. Menschen werden von Informationen ausgeschlossen.

Wie bürgerfreundlich kommunizieren deutsche Städte? Unsere Studie prüfte die Websites von 19 Mittel- und Großstädten, mit Informationen an rund 14 Millionen Einwohner. 

Wichtige Fakten zur Untersuchung:

  • Komplizierte Sprache: 194 der 475 untersuchten Online-Texte waren schwer verständlich in ihrem Aufbau und ihrer Wortwahl. 
  • Schwere Lesbarkeit: 173 der untersuchten Texte waren besonders kompliziert durch sehr lange Sätze, Begriffe und Passiv-Formulierungen.
  • Bisherige Maßnahmen der Städte reichen nicht aus für Allgemeinverständlichkeit: Seit 2020 müssen Behörden eine vereinfachte Version ihrer Webseite in "Leichter Sprache" anbieten, was Menschen mit Lernbehinderungen hilft. Jedoch bleiben die Informationen für die breite Bevölkerung oft unklar.

Städte verschwenden Geld mit komplizierter Sprache und schaffen Nachteile für Einwohner

Schwere Sprache birgt Risiken und bringt Nachteile für Bürger und Staat:

  • Ineffizienz und Kosten: Schwere Kommunikation senkt die Effizienz von Behörden und kostet Zeit und Geld, etwa weil mehr Rückfragen von Bürgern notwendig sind.
  • Risiken für Gesundheit und Wohlstand: Die Unklarheit in der Kommunikation hat direkte Auswirkungen auf Entscheidungen in gesundheitlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten von Menschen.

Beispiele für gelungene Kommunikation

Städte wie Nürnberg, Hamburg und München sowie kleinere Städte wie Coburg zeigen, wie effektive Kommunikation gelingen kann. Sie bieten verständliche Informationen an, die ein breites Publikum erreichen.

Deutschland: Dringender Nachholbedarf bei bürgerfreundlicher Kommunikation

Die Studie zeigt deutlich, dass viele deutsche Städte noch großen Nachholbedarf in Sachen bürgerfreundlicher Kommunikation haben. Durch verständliche Verwaltungssprache können Städte nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllen und Kosten senken, sondern auch das Vertrauen stärken und das Wohl ihrer Bürger verbessern.

Ranking: Wie verständlich informieren deutsche Städte unterschiedlicher Größe?

# Stadt Sprach­niveau-Punkte ↓ Lesbarkeit Ø
1 Nürnberg 50 41,3%
2 Hamburg 50 40,8%
3 Köln 49 44,4%
4 München 47 44,1%
5 Hannover 46 44,2%
6 Lüneburg 46 40,8%
7 Stuttgart 44 40,5%
8 Coburg 43 41,7%
9 Augsburg 42 39,9%
10 Berlin 42 37,4%
11 Düsseldorf 41 39,2%
12 Dresden 41 36,2%
13 Frankfurt 37 34,5%
14 Leipzig 37 31,9%
15 Potsdam 36 36,1%
16 Erfurt 35 35,4%
17 Essen 35 32,2%
18 Fulda 34 37,8%
19 Ingolstadt 34 31,7%
 

Messmethode: So untersuchten wir die Websites für rund 14 Millionen Bürger

Mit Textanalyse-Software untersuchten wir für jede Stadt fünf Themenkomplexe, bestehend aus jeweils fünf Texten. Die Themenbereiche umfassten Wohnungssuche, Informationen zu COVID-19, Mobilität und Verkehr, Barrierefreiheit sowie Unterstützung von Familien. Wir setzten unsere Software „Wortliga Textanalyse“ ein, um das Sprachniveau dieser Texte zu bestimmen. Zudem berechneten wir den Lesbarkeitsindex, der Werte von 0 bis 100 annimmt, wobei 100 die höchste Verständlichkeit repräsentiert.

So schlägt sich das Sprachniveau auf das Ranking nieder: Wir untersuchten pro Stadt 25 Texte und vergaben je nach Komplexität Punkte. Texte auf B1-Niveau erhielten drei Punkte, B2-Texte erhielten zwei Punkte, C1-Texte einen Punkt. Texte auf C2-Niveau erhielten keinen Punkt. Die Gesamtpunktzahl entschied über die Platzierung der Stadt. Bei Gleichstand der Punktezahl zogen wir die Lesbarkeit hinzu.

Der Lesbarkeitsindex der WORTLIGA Textanalyse errechnet sich unter anderem aus der durchschnittlichen Satz- und Wortlänge eines Textes sowie dem Anteil schwer verständlicher Formulierungen, wie Passiv- und Perfekt-Konstruktionen und Substantivierungen. Dieses Verfahren ist vergleichbar mit dem international anerkannten Flesch-Reading-Ease. 




Ihr Ansprechpartner:

Gidon Wagner
WORTLIGA Tools GmbH
Geschäftsführer
0160 938 78 311
gwagner@wortliga.de