Warum ChatGPT ein schlechter Lehrer ist – und welche Ausnahmen es gibt

Durch die Allgegenwärtigkeit von ChatGPT greife ich beim Schreiben reflexartig zum Tool. Warum das keine gute Idee ist.

Der Text muss raus – ein paar Tausend Leser warten darauf. Noch ein gründlicher Blick in die Textanalyse – alles verständlich! Aber ist sicher kein Buchstabendreher mehr drin? Lieber schnell noch ChatGPT fragen. Aber, leider: Der Chatbot Hilft nur ganz eingeschränkt, merke ich bei jeder eiligen Korrektur. Denn nur all zu oft zeigt sich mein GPT-Mentor so:

Auf einen Mentor, einen Lehrer muss man sich verlassen können. ChatGPT redet aber regelmäßig Unsinn. Das macht nichts, wenn ein Profi vorm Chat sitzt – bei Einsteigern schadet der Pseudo-Lehrer. Auflösung zum Bild: weiter unten.

Warum ChatGPT ein schlechter Lehrer ist

  • ChatGPT redet viel Unsinn und sieht Fehler, wo keine sind. Ich muss mich aber auf meinen Mentor verlassen können. In meiner Ausbildung durfte ich von erfahrenen Menschen lernen und habe jedes Wort aufgesaugt. Ihre Tipps hatten sich in der Praxis bewährt. Anders bei ChatGPT: Wer bei ChatGPT an den Lippen hängt, nimmt viel Wahres, aber auch viel Blödsinn auf. Das Tool hat sein Wissen nie ausprobiert; es plappert nach. Mit den Worten eines begnadeten Programmierers: GPT weiß nicht, was es sagt.
  • Korrekturen von ChatGPT funktionieren nur, wenn Du genau weißt, was Du willst. Wenn ich dem Chatbot sage „Schreib das verständlicher“, dann bekomme ich eine Antwort, die statistisch stimmen wird. Ob das Ergebnis genau dem entspricht, was meine Leser brauchen, ist eine andere Frage. Einige Änderungen von ChatGPT kann ich nachvollziehen – bei anderen muss ich den Kopf schütteln. Das macht ChatGPT zwar zu einer Quelle der Inspiration. Wer aber einen Mentor sucht, der zuverlässig Qualität sichert, fällt mit GPT leicht auf die Nase.
  • Ein undurchsichtiger Mentor ist kein Mentor: Bei meiner Mentorin Elke wusste ich, dass sie ein erfahrener PR-Profi ist. Mein Dozent Marco war SPIEGEL-Redakteur. Ivar ist Kommunikationsdesigner und Werber der alten Schule. Ich wusste, wie ich mit Elkes Feedback auf eine Pressemitteilung umzugehen hatte: volles Vertrauen! Hätte Sie mir Rückmeldung auf mein Logo gegeben, wäre ich offen gewesen – aber weniger hörig als auf Ivars Worte, der Logos für Weltkonzerne entwickelt hatte. Bei ChatGPT kann ich nur raten, wie fundiert das Feedback ist: Reiht das Tool wie so oft die wahrscheinlichsten Wörter aneinander, oder greift es gerade auf wertvolles Wissen zu?

Wer sich regelmäßig Feedback von ChatGPT holt, kennt dieses Phänomen: Erst behauptet ChatGPT etwas Falsches. Zwingt man den Chatbot dann, die Aussage zu belegen, entschuldigt sich die künstliche „Intelligenz“.

„Höre ChatGPT mit der selben Vorsicht zu, mit der Du einen Betrunkenen nach dem Weg fragen würdest.“

Wo ChatGPT als Mentor gute Dienste leistet

Wäre das Feedback von GPT nur Schrott, würde ich das Tool nicht bei jedem Text einsetzen. Es ist fester Teil meines Werkzeugkastens, wie die WORTLIGA Textanalyse oder unser KI-Übersetzer für verständliche Sprache „Plain“. Mir hilft ChatGPT bei den folgenden Aufgaben:

  • Zusätzliches (!) Korrekturlesen auf Rechtschreibfehler
  • Grenzfälle, bei denen ich mir mit der Grammatik nicht sicher bin
  • Inspiration zur Gestaltung des Textes
  • Inspiration zum Finden von Überschriften
  • Grobe Text-Entwürfe auf Basis meiner sehr detaillierten Briefings schreiben.
  • Übungstexte schreiben, die meine Kurs-Teilnehmer überarbeiten dürfen.

Dazu sei aber nochmals gesagt: ChatGPT ist ein Risiko für jemanden, der textlich unsicher ist. Je nach dem, wie wichtig ein Text ist, rate ich: Finger weg von ChatGPT.

Ob der Text von ChatGPT kommt oder selbst geschrieben ist: Wir müssen seine Qualität sachlich beurteilen. Die WORTLIGA Textanalyse hilft uns dabei. Sie spart Zeit, indem sie unsinnige Korrekturvorschläge von Chatbots vermeidet.

Texte verbessern: Was sind die Alternativen zu ChatGPT?

Wie Du eigene Fehler in Texten schnell findest, zeige ich Dir in diesem Artikel.

ChatGPT: Ein unterdurchschnittlicher Lehrer

Der Durchschnitt schreibt nicht gut – und KI-Chatbots, Sprachmodelle haben vom Durchschnitt gelernt. Du willst überdurchschnittlich schreiben? Dann verlass Dich nicht auf ChatGPT.

ChatGPT ist ein unterdurchschnittlicher Mentor. Profis können sich aus dem Feedback die Rosinen rauspicken, sich inspirieren lassen. Mit viel Erfahrung können wir KI lenken und den Schreibprozess teilweise automatisieren. Aber uns von ihr lenken lassen, ist Schwachsinn. Es ist Verblödung. Es ist Verschwendung von menschlichem Potenzial.

Über den Autor – Gidon Wagner

Gidon Wagner ist Experte für verständliche Kommunikation. Er ist Gründer der WORTLIGA und entwickelt im Team die WORTLIGA Textanalyse. Außerdem bildet er in seinen Kursen Texter aus und schult verständliches Schreiben. In seiner Beratung begleitet er Unternehmen wie die Generali in Deutschland und Institutionen wie die Tagesschau dabei, auf verständliche Kommunikation umzustellen.

1 Kommentar
  1. Oliver Wirtz
    Oliver Wirtz sagte:

    Vollkommen d’accord!

    die KI ist aktuell (noch) nichts ohne die MI (menschliche Intelligenz)
    ChatGPT trainiert mich aber auch darin, präziser in den Anforderungen zu sein. Und das zwingt mir die intellektuelle Leistung ab ‚wo will ich überhaupt hin‘. Im Grunde wie in der Hundeschule: klare, eindeutige Befehle, sonst wird das mit Struppi nix.
    ChatGPT sensibilisiert mich hingegen auch für Dinge, an die ich eigentlich nicht gedacht habe. Oder an die ich gar nicht denken konnte. Ist mir schon passiert 🙂
    ChatGPT zwingt mich zu kritischem Denken. Stimmt das wirklich? Mir mit meiner Lebens- und Berufserfahrung (Jhg. 1967) gelingt dies zumeist. Meinen Kindern hingegen…
    recherchiere ich alternativ Themen über google, lande ich im SEO optimierten Informationsmüll. Da ist ChatGPT schon ein zuversichtlicher Filter. Natürlich nutze ich google nicht, sondern startpage 😉 Aber auch hier: selbst offizielle Seiten von bspw. Weinbauverbänden sind so dermaßen ungepflegt oder SEO-Mist, dass man informativ keinen Millimeter nach vorne kommt.
    stelle ich mir vor, dass ChatGPT aus diesem kompletten digitalen Informationsmüll für mich (halbwegs erträgliche) Informationen generiert, muss ich sagen: Chapeau, chatGPT, dass du dir das antust!
    ich könnte mir vorstellen, dass meine Kinder (Schüler & Studenten) durch ChatGPT gezwungen werden, strukturierter zu denken, zu fragen. So meine Hoffnung. Hierzu müssten sich aber Bildungseinrichtungen dazu herablassen, dieses Thema Ernst zu nehmen und zu moderieren.
    Bedenken habe ich, dass:
    Sprache ‚homogenisiert‘ wird
    die Sprache sich irgendwann so ‚automatisiert‘ oder verselbstständigt wie bei SEO. Da haben sich m.E. auch viele Jünger von ad-words so weit vom guten Geschmack verabschiedet, dass es mich persönlich graust.
    wie werden google & co. reagieren? Die lassen sich doch sicherlich nicht das SEO/ Advertising Geschäft ruinieren.

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