Was Wortpreise mit dem Deppenleerzeichen zu tun haben
Ein Beitrag der WORTLIGA-Redaktionsleiterin Juliane Becker
Würfel Zucker, Kürbis Suppe, Bergbauern Milch: gerade auf Verpackungen von Lebensmitteln werden zusammengesetzte Wörter (Komposita) gerne – und fälschlicherweise – mit Leerzeichen getrennt. In Anlehnung an den sogenannten Deppenapostroph (bekannt aus Marco’s Kneipe und Rosi’s Imbiss) bezeichnen Verteidiger der korrekten Wortzusammensetzung diesen Fauxpas als Deppenleerzeichen. Kein charmanter Begriff, aber ein besserer fällt mir auch nicht ein.
Warum Deppenleerzeichen ein Problem sind? Nun, abgesehen davon, dass sie schlicht falsch sind, hemmen sie oftmals den Lesefluss, indem der Lesende falsche Betonungen setzt. Außerdem verändern sie hin und wieder auch die Wortbedeutung.
Ein anschauliches Beispiel dafür liefert der wunderbare Blog deppenleerzeichen.de, auf dem die schlimmsten Exemplare gesammelt werden:
Nehmen wir die folgenden Beispiele:
- Opel Astra
- Opel Agila
- Opel Corsa
- Opel Vectra
Eindeutig: Hier steht ein (korrektes) Leerzeichen, die Betonung liegt auf dem jeweils letzten Teil der Wörter – dem Fahrzeugmodell. Wenden Sie dieses Prinzip auf die nächste Wortkette an:
- Opel Partner
Eindeutig: Hier steht ein Leerzeichen, also muss die Betonung auf dem letzten Teil liegen. Doch Sie müssen sich irren, denn ein Fahrzeug mit diesem Namen gibt es nicht. Allerdings gab es von der Konkurrenz vom neuen Mutterkonzern ein Automodell dieses Namens, den Peugeot Partner. Opel bezeichnet mit diesem Konstrukt allerdings die Werkstätten – also die Opel-Partner, die natürlich korrekt mit einem Bindestrich geschrieben werden müssen.
Ursachen für das Deppenleerzeichen
Nun gibt es für die zunehmende Verbreitung des Deppenleerzeichens einige mögliche Ursachen. Tatsächlich könnten Smartphones daran schuld sein, denn die automatische Texterkennung hat immer wieder Probleme mit Komposita. Die Lösung: Aus dem Bandwurmwort wird das Bandwurm Wort und aus dem Eckkneipenbesitzer der Eck Kneipen Besitzer. Der Autor Bastian Sick wiederum geht davon aus, dass die englische Sprache, in der es keine Komposita gibt, dafür verantwortlich ist – da heißt es dann online banking und nicht Online-Banking (oder Onlinebanking).
Wortpreise sind ebenfalls an Deppenleerzeichen schuld
Nach vielen Jahren als Redakteurin und Hunderttausenden lektorierten Wörtern wage ich eine Ergänzung: auch Wortpreise sind eine Ursache für zu viele Deppenleerzeichen.
Die Erklärung dafür ist einfach – wer auf einen eigentlich notwendigen Bindestrich in einem Kompositum verzichtet oder ein Kompositum fälschlicherweise mit Leerzeichen trennt, macht aus einem ganz schnell zwei Wörter. Und wer nach Wort bezahlt wird, freut sich selbstverständlich über jedes Wort, das er zusätzlich abrechnen kann.
Ein Beispiel: Schreibe ich zu einem Wortpreis von 14 Cent einen Beitrag, in dem ich Wörter wie Textervermittlung oder Bestpreisgarantie jeweils sechsmal unterbringe, kann ich für diese zwei Wörter 12 x 14 Cent = 168 Cent abrechnen.
Schreibe ich dagegen Texter Vermittlung und Bestpreis Garantie, erhöhe ich ohne großen Aufwand meine Wortanzahl und damit den Preis, den ich abrechnen kann: 12 x 28 Cent (oder 24 x 14 Cent) = 336 Cent – nur für Texter Vermittlung und Bestpreis Garantie. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Und bei längeren Texten kann es sich durchaus lohnen, diesen Aus-eins-mach-zwei-Zauber anzuwenden.
Aus-eins-mach-zwei-Zauber wird übrigens als ein einziges Wort gezählt. Würde ich für diesen Text nach Wort bezahlt werden, hätte ich mit Aus eins mach zwei Zauber vier Wörter mehr abrechnen können. Und eine komplett falsche Bedeutung suggeriert, aber das ist eine andere Geschichte.
Deppenleerzeichen vermeiden? Auf Wortpreise verzichten!
Es fällt mir schwer, Textern den bewussten Einsatz von Deppenleerzeichen übel zu nehmen. Dafür ist das Ganze zu schnell gemacht – und der Kunde, an den der Text geht, merkt es vielleicht gar nicht. Schließlich landet nicht jeder Text bei einem Lektor und manch einer ist mit der Korrektheit von Komposita nicht vertraut.
Wer allerdings Wert auf einhundertprozentig korrekte Texte legt – und das sollte mindestens bei Printpublikationen der Fall sein –, lässt von Wortpreisen besser die Finger. Nicht nur, weil ein Wortpreis einen Texter für seine Präzision bestraft und Texten viel mehr als Schreiben ist. Wortpreise und falsch gesetzte Leerzeichen gehen Hand in Hand. Und wer Texte für seinen Online-Shop oder Anwenderberichte und Success Stories erstellen lässt, möchte mit Professionalität glänzen. Nicht mit einer Rechtschreib Schwäche.
Über die Autorin
Juliane Becker ist Gesellschafterin und Redaktionsleiterin bei der Wortliga Textagentur. Sie plant, konzipiert und produziert Texte mit den festen und freien Autoren des Unternehmens. Außerdem ist sie selbst freie Journalistin und Lektorin.