Text des Monats: Kathrin Roderburg kürzt am besten und gewinnt Duell mit einer Annett Wagner

Wir haben Euch herausgefordert: Wer schreibt den Text des Monats? Sieben mutige Autoren haben sich für ihr Publikum durch zähes Beamtendeutsch gekämpft, monströse Sätze bezwungen, in verworrene Gedanken Struktur gebracht. Alle hätten den Sieg verdient – aber nur einer konnte den Text des Monats schreiben.

Die stilsichere Annett Wagner begeisterte die Jury, trennte sich aber auf den letzten Zentimetern nicht von den entscheidenden Zeilen. Sie erschrieb sich dennoch mit einem herausragenden Text die Herzen – und einen zweiten Platz im Wettbewerb, dicht gefolgt von einer meisterlich prägnanten Nora Daum. Am Ende überzeugte Kathrin Roderburg mit ihrer Gesamtleistung am besten. Sie lieferte einen schlanken Stil und begründete ihre Schritte lehrsam für das Publikum. Herzlichen Glückwunsch, Kathrin. Und unseren Respekt an alle anderen Teilnehmer.

Die Herausforderung im ersten Text des Monats (TedM):

Aus dem zu lang geratenen Artikel einer jungen Kollegin formte Redakteurin Kathrin einen geschliffenen Text.

Übungstext

Einführung in die Meditation: Entdecken Sie die Tiefen Ihres inneren Friedens in 5 Schritten

Inmitten der modernen Zivilisation, wo konstante Vernetzung und Informationsüberflutung den Alltag dominieren, wächst das Bedürfnis, dem entgegenzuwirken und innerliche Ruhe zu kultivieren. Meditation, eine Praxis, die ihre Wurzeln in antiken Kulturen hat, stellt einen solchen Gegenpol dar.

  • Optimierung des Meditationsortes: Der physische Kontext, in dem man meditiert, kann die meditative Erfahrung signifikant beeinflussen. Während es durchaus reizvoll sein kann, in einer natürlichen Umgebung wie einem abgeschiedenen Waldstück oder einem ruhigen Strandabschnitt zu meditieren, ist ein störungsfreier Raum in Ihrem Domizil vollkommen ausreichend. Betrachten Sie den Einsatz von Elementen wie Aromatherapie oder dezenter akustischer Untermalung, um eine konduktive Atmosphäre zu schaffen.
  • Adoption einer komfortablen Position: Meditation sollte physisch nicht belastend sein. Ob Sie auf einem ergonomisch geformten Meditationskissen, einem Stuhl oder in einer horizontalen Position verweilen, das Ziel sollte stets der Komfort sein. Eine aufrechte Haltung fördert nicht nur die Respirationsdynamik, sondern kultiviert auch eine mentale Präsenz.
  • Konzentration auf die Respiration: Der Akt des Atmens dient als konsistentes Ankerpunkt während der Meditation. Durch das Schließen der Augen und das Fokussieren auf das Ein- und Ausatmen können Sie eine tiefere Ebene der Bewusstheit erreichen. Ein rhythmisiertes Zählen kann dabei helfen, den Geist von störenden Gedankenströmen zu befreien.
  • Gedankliche Fluidität kultivieren: Es ist eine weitverbreitete Annahme, dass Meditation das Abschalten des Denkens bedeutet. In der Realität ist es eher ein Akt des Loslassens. Visualisieren Sie einen stetig fließenden Fluss, auf dem Ihre Gedanken wie Blätter dahintreiben.
  • Konsistenz als Schlüssel: Es ist wichtig, einen meditativen Rhythmus zu etablieren, anstatt sporadische Sitzungen zu praktizieren. Ein kontinuierlicher Ansatz, auch wenn er nur wenige Minuten täglich umfasst, kann substanzielle positive Effekte manifestieren.

Abschließend sei erwähnt, dass Meditation weniger ein endliches Ziel als vielmehr ein kontinuierlicher Prozess ist. Betrachten Sie es als evolutionäre Reise zur Erkundung Ihres inneren Selbst.

Text des Monats von Kathrin Roderburg

​​Im Alltag meditieren: 5 praktische Tipps für mehr Ruhe im Alltag

Eine ungelesene Nachricht, ein Newsupdate, ein Arbeitsauftrag vom Chef, nebenbei das Wetter checken. Sehnst du dich auch nach mehr Ruhe? Dann habe ich ein paar Meditationstipps für dich.

1. Finde einen Ort, an dem du entspannst.

In der Natur oder zuhause – Hauptsache, niemand stört dich. Vielleicht helfen dir auch Aromatherapie oder Musik.

2. Mach es dir bequem.

Setz oder leg dich gemütlich hin. Schau, was dir guttut.

3. Schließ die Augen und atme.

Bewusst ein- und auszuatmen hilft dir, ruhig zu werden und dich auf dich selbst auszurichten.

4. Lass deine Gedanken fließen.

Stell dir vor, dass deine Gedanken Blätter sind: Lass sie los und schau, wie sie auf einem Fluss davontreiben.

5. Bleib dran.

Ein paar Minuten täglich reichen. Und es wird immer leichter, dich auf deine Insel zurückzuziehen, wenn dich der Alltag überflutet.

Ein letzter Tipp: „Der Weg ist das Ziel.“  Wichtig ist nicht, dass du ankommst, sondern dass du gehst.

Kathrins Reflexion zum Artikel

Wer sind die Leser? Mein Eindruck ist, dass sie ein paar kurze, schnell anwendbare Tipps im überfüllten Alltag suchen. Der kurze Starttext soll genau da abholen, mit einem Beispiel, das viele von uns kennen: Nachrichten und Infos, die wir ständig auf unseren digitalen Geräten bekommen und aktiv aufrufen.

Auch die Überschrift habe ich daher angepasst und von 5 Tipps statt 5 Schritten gesprochen. Schritte erwecken den Eindruck einer klaren Reihenfolge und eines größeren Plans. Das Wort „Tipps“ passt besser zu dem Charakter der (schnellen) Infos. Und ich habe den „inneren Frieden“ – ein viel zu großes Wort für so eine kurze Sammlung von Tipps – durch „mehr Ruhe im Alltag“ ersetzt.

Damit diese Infos schnell überblickt werden können, habe ich knappe Zwischenüberschriften formuliert und fettgedruckt, um sie hervorzuheben. Ich habe sie als einfache Anweisungen formuliert. Im Zweifel reichen diese Überschriften den Lesern, wenn sie sonst keine Zeit haben zu lesen.

Unnötige Infos habe ich weggestrichen, z. B. dass Meditation aus antiken Kulturen stammt. Das brauchen die Leser dieses Textes nicht, da es hier um schnelle Praxistipps geht. Aus dem gleichen Grund habe ich einen Satz wieder entfernt, den ich ursprünglich eingefügt und mit dem ich gehadert hatte: „Wenn du sitzt, bist du oft aufmerksamer und es fördert deine Atmung.“ Ob bei der Geschichte der Meditation oder mehr Details, worauf man achten muss: Wer sich tiefer einlesen möchte, wird andere Quellen zurate ziehen.

Als Anrede habe ich „du“ gewählt, da es mehr Nähe zu den Lesern aufbaut als „Sie“.

Insgesamt habe ich den Text sprachlich vereinfacht:

Ich habe die teils sehr langen Sätze verkürzt und Nebensätze weggelassen, wo es ging und gepasst hat (Beispiel: „Während es durchaus reizvoll sein kann, in einer natürlichen Umgebung wie einem abgeschiedenen Waldstück oder einem ruhigen Strandabschnitt zu meditieren, ist ein störungsfreier Raum in Ihrem Domizil vollkommen ausreichend.“  „In der Natur oder zuhause – Hauptsache, niemand stört dich.“).

Fachwörter habe ich einfacher ausgedrückt (Beispiel: „Gedankliche Fluidität kultivieren“  „Lass die Gedanken fließen.“), damit die Leser verstehen, worum es geht; damit mehr Nähe zu den Lesern aufgebaut wird; und damit ich vertrauenswürdig wirke, weil ich verstanden zu haben scheine, wovon ich schreibe.

Aus Adjektiven und Nominalstil habe ich Verben gemacht (Beispiel: „Adoption einer komfortablen Position“  „Mach es dir bequem.“).

Gewinner in weiteren Kategorien

Den Platz 2 erreichte Annett Wagner für ihren herausragenden Text, der aber mit knapp 200 Wörtern leider Überlänge hatte. Kurz vor der Zielgeraden legte sie noch einen Absatz nach und wurde immerhin Zweite. Platz 3 sicherte sich Nora Daum mit einem vorbildlich gekürzten Text und der besten Überschrift des Wettbewerbs.

In diesen zusätzlichen Kategorien spricht die Jury den Teilnehmern ihre Anerkennung aus:

Beste Einleitung: Kathrin Roderburg

Einzigartig, auf den Punkt, anregend.

Beste Überschrift: Nora Daum

„Lächeln und Loslassen“

Bester Tipp in der Reflexion: Nora Daum

Nora beschreibt, wie sie beim Überarbeiten „Schlagwörter im Übungstext markiert hat, um den Kern des Textes herauszuarbeiten und beizubehalten.“

Beste emotionale Wirkung: Annett Wagner

Annetts Text lässt den Leser Meditation erleben, ohne sie selbst zu machen.

Wettkampf-Datei runterladen und von den Teilnehmern lernen

Hier lädst Du die Datei mit allen Teilnehmer-Texten und Reflexionen herunter.

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