Digitale Veranstaltungsformate: Online-Events als Content neu denken – Beispiel „ODC“
2020 war für die Eventbranche eine große Herausforderung: Kaum ein Event konnte wie geplant stattfinden, viele wurden teilweise relativ spontan ins Digitale überführt. Inzwischen wissen wir, dass wir, was Events angeht, noch eine ganze Weile mit Einschränkungen werden leben müssen.
Doch werden Online-Events nach Corona einfach wieder verschwinden? Wir glauben nicht. Sie werden uns als Alternative erhalten bleiben. Denn sie haben durchaus Vorteile: Die Einsparung von Reisekosten und ökologische Verträglichkeit sind nur zwei davon. Es lohnt sich also in jedem Fall, sich mit der Gestaltung von Events im digitalen Raum auseinanderzusetzen.
In diesem Beitrag möchten wir schildern, wie wir bei SUMAGO mit der Digitalisierung unserer Events umgegangen sind – und wo die Chancen und Herausforderungen für eine Zukunft mit digitalen Events auch jenseits von Corona liegen.
Die Idee: eine lebendige Marketing- und Event-Stadt
Wie alle Event-Veranstalter hat uns Corona also voll getroffen: Im Jahr 2020 mussten wir coronabedingt zunächst die CAMPIXX abbrechen, dann die Marketing Underground absagen.
Digitale Events waren also auch für uns die naheliegende Lösung. Wir wollten es aber auch nicht einfach machen wie alle anderen. Denn die digitalen Events, die man in der ersten Phase erleben konnte, waren eben aus der Not geboren – und nicht unbedingt immer ein cooles Erlebnis. Auch wenn sich technisch in dem Bereich einiges getan hat, sind die meisten Online-Konferenzen nach unserer Beobachtung noch immer wenig fesselnd, selbst dann, wenn die Inhalte eigentlich super sind.
Darum haben wir uns bei SUMAGO frühzeitig hingesetzt und uns gefragt: Wie kann man die analoge Welt digitale abbilden, so dass sich Menschen dort gern bewegen, Inspirationen bekommen und Spaß haben? So entstand die Idee für die ODC, die Open Digital City, die am 1. Dezember an den Start geht.
Für die ODC haben wir uns von der Gamingwelt inspirieren lassen – sie soll ein immersives Erlebnis werden, eine ganz eigene Welt, die aber die reale Welt in wichtigen Punkten soweit als möglich 1:1 ins Digitale überträgt.
Warum wir uns für eine digitale Marketing-Event-Stadt entschieden haben
Wie kommt man von mehr oder weniger klassischen Eventformaten zu der Idee, gleich eine ganze digitale Stadt zu bauen?
Für uns lag der Vorteil klar auf der Hand: Eine digitale Stadt kann von ihrer Grundanlage her mehr als nur analogen Content im digitalen Medium präsentieren. Sie ist ein eigenes Erlebnisuniversum, in dem es möglich ist, dass die einzelnen Inhalte als Teil eines umfassenderen Ganzen erlebbar werden. Anders ausgedrückt: Das Ganze kann da ohne Weiteres mehr werden als die Summe seiner Teile, und genau das ist es, was im Moment den meisten digitalen Events fehlt.
Das große Handicap bei Online-Formaten von Events ist aktuell, dass sie zeitlich beschränkt stattfinden wie ihre Offline-Pendants, dass aber der Nutzer dabei notwendig an seinen Bildschirm „gefesselt“ bleibt und nicht wirklich aktiv werden kann. Oft läuft eine Konferenz dann einfach nebenbei, während man andere Dinge arbeitet, oder man schaut sich nur sehr selektiv Inhalte an.
Das wollten wir ändern, indem wir ein Online-Event schaffen, das dem Teilnehmer auch Interaktion abfordert, möglichst nah an der realen Welt. Da setzen wir mit dem Konzept der ODC an. Entscheidend waren für uns zwei Faktoren, von denen wir glauben, dass sie ein fundamental neues Erleben digitaler Events möglich machen.
Die ODC ist immersiv. Sie kann mit einer VR-Brille genutzt werden, dann wird Ablenkung weitgehend ausgeschaltet. Auch, wer noch keine VR-Brille nutzt, ist beim Besuch der ODC aber ständig zur Aktion gefordert: In der Stadt muss man sich bewegen, man muss sie erkunden, um die Inhalte zu nutzen. Es ist also so gut wie unmöglich, die ODC passiv zu nutzen.
Die ODC ist zeitunabhängig in der Nutzung. Unsere Marketing-Event-Stadt ist an 365 Tagen des Jahres rund um die Uhr geöffnet. Gerade Nutzer, die ein Jahresticket haben, haben jede Freiheit, die Stadt genau dann zu entdecken und sich Inhalte anzuschauen, wenn sie Zeit und Muße haben. Auch beim Zwei-Tages-Ticket bieten wir die Möglichkeit, an zwei frei wählbaren Tagen die ODC zu besuchen.
So schaffen wir – hoffen wir – insgesamt ein intensives Erlebnis, das die Aufmerksamkeit fesselt, das zugleich aber auch maximale Flexibilität in der Nutzung bietet.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Technisch ist die Gestaltung einer digitalen Marketing-Stadt natürlich ohnehin ein Kraftakt. Immer wieder stoßen wir auf technische Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Mindestens ebenso groß sind aber die Herausforderungen bei der Gestaltung.
Wie kann man die einzelnen Aspekte realer Events digital abbilden? Wie kann man das Gesamterlebnis so gestalten, dass sich möglichst viele Menschen vom Look & Feel angesprochen fühlen? Wie kann man Menschen mit unterschiedlichen technischen Ausstattungen und unterschiedlich ausgeprägter Affinität für digitale Umgebungen dort abholen, wo sie stehen? Das waren und sind für uns die größten Challenges beim Bau der ODC.
Zum Beispiel merken wir sehr deutlich, wie unterschiedlich die ästhetischen Präferenzen von Nutzern sind. Der eine mag die düstere Optik einer futuristischen Stadt; der andere wünscht sich charmante Areale mit Blumenwiesen – und so geht die Liste weiter. Wir haben versucht, die verschiedenen Geschmäcker in optisch unterschiedlich gestalteten Distrikten abzubilden. Letztlich ist aber auch klar: Allen recht machen kann man es nicht.
Weiterhin müssen wir davon ausgehen, dass die wenigsten derzeit eine VR-Brille nutzen werden. Es werden auch Nutzer dabei sein, denen auch Gaming-Umgebungen fremd sind und/oder die dem ganzen 3D-Erlebnis eher mit Befremden begegnen. Das kann man nicht ausschalten. Man kann sich nur bemühen, möglichst viele Perspektiven aufzunehmen und zu integrieren.
Das ist die ODC
Eine digitale Stadt 1:1 analog zur realen Welt zu bauen – wie soll das überhaupt gehen? Klar ist natürlich auch uns, dass wir das nicht zu 100% erreichen können. Das Networking etwa, das wir in der realen Welt erleben und an Offline-Events gerade besonders schätzen, können wir aktuell digital noch nicht abbilden. Es ist aber unser – zugegeben ambitioniertes – Ziel, die Übertragung der realen auf die digitale Welt möglichst weitreichend umzusetzen.
Wir sind beim Bau der ODC so vorgegangen, dass wir uns bei jedem einzelnen Punkt in der Offline-Welt gefragt haben: Können wir das abbilden? Und wenn ja, wie können wir das für möglichst viele Menschen attraktiv machen? Im Folgenden geben wir einen Überblick, wie die einzelnen Elemente der ODC die reale Welt abbilden sollen.
Die Stadt und ihre Distrikte
Die Stadt ist, wie jede Stadt, in Stadtteile – wir nennen sie „Distrikte“ – eingeteilt. Jedem Distrikt ist ein Themenfeld zugewiesen. Wer sich also speziell für ein Marketing-Thema interessiert, kann direkt diesen Distrikt ansteuern. Alternativ kann man aber auch die Stadt einfach nach Lust und Laune erkunden.
Stores, Snack Content und mehr
In den Straßenzügen der Distrikte gibt es, wie in jeder Stadt, auch Ladengeschäfte: die Stores. Die Stores können von Firmen gemietet werden. Sie präsentieren dort, wie in einem „normalen“ Ladengeschäft in der Offline-Welt, ihre Produkte und Dienstleistungen. Die Stores sind zugleich das Äquivalent von Messeständen auf Offline-Events.
Doch auch auf den Straßen ist jede Menge Content versteckt: Aufsteller, Plakate und all die Dinge, die man auch aus einer normalen Stadt kennt. Vor allem gibt es überall auf den Straßen Snack Content zu entdecken. Experten präsentieren hier jeweils einen Tipp, der zum Thema des jeweiligen Distrikts gehört. Die Snacks und besonderen Features sind nicht immer auf den ersten Blick zu finden, nach einigen muss man suchen. Das soll die Nutzer einmal mehr zum aktiven Erkunden der Straßenzüge animieren.
ODC Campus
Der ODC Campus liegt im Herz der Stadt und ist der Ort fürs digitale Lernen in unserer Stadt. Konstruiert wurde er als Analogon zur Offline-Konferenz. Hier finden sich knackige Kurzvorträge von Experten zu Themen rund um Marketing.
Culture Hoods
Die Culture Hoods sollen das kulturelle Leben aus der Offline-Welt widerspiegeln. In ihnen entstehen zum Beispiel Galerien mit Ausstellungen von Künstlern und Grafikern; es wird aber auch kostenfreie Stores für soziale, ökologische und kulturelle Einrichtungen und Projekte geben. Zwar ist die ODC primär eine Marketing- und Event-Stadt. Doch bereits auf der Marketing Underground 2019 hatten wir Künstler und soziale Einrichtungen als Aussteller dabei – die Culture Hoods sind daher eine Fortsetzung unserer Bemühungen, auf Offline-Events möglichst Menschen ganz verschiedener Disziplinen und Welten zusammenzubringen. Zudem möchten wir die ODC nach und nach noch lebendiger gestalten. Dazu gehört Kultur nun mal dazu.
Die weitere Städteplanung
Die Stadt ist zudem wie jede andere Stadt: Sie wächst organisch und verändert sich im Laufe der Zeit. Das bietet Nutzern die Möglichkeit, immer wieder Neues zu entdecken. Entsprechend ist es für Unternehmen, Künstler, soziale und ökologische Initiativen und Speaker auch jederzeit möglich, neue Inhalte beisteuern oder einen neuen Store einbuchen (Wer mag, darf sich gern hier anmelden: https://www.campixx.de/marketing-underground-odc/) – und natürlich kann man auch jederzeit ein Ticket buchen.
Fazit
Natürlich gibt es tausend verschiedene Wege, die man gehen kann, um Online-Events interessanter zu gestalten und die Verweildauer von Nutzern zu erhöhen. Ob die ODC der richtige – bzw. ein richtiger – Weg ist, wird die Zukunft zeigen. Dennoch denken wir, dass der Erfolg von Online-Events auch jenseits von Corona entscheidend davon abhängt, wie gut es den Organisatoren gelingt, Menschen zur Interaktion zu animieren.
Die Autorin
Dr. Ann-Kristin Iwersen, Content Manager bei SUMAGO GmbH
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