Grüner Journalismus: Wie Menschen mit Storytelling die Natur neu entdecken

Prof. Torsten Schäfer geht mit Studenten gerne in den Wald und lässt sie dort schreiben. Leser sollen die Rinde dieses alten Baums unter den Fingern spüren. Sie sollen den Atem anhalten, während der kalte Fluss an den nackten Füßen empor kriecht. Mit dem Autor die Stille genießen, Vögelgezwitscher vermissen und am Gipfelkreuz Kippenstummel zählen. Schäfer geht es nicht um romantische Natur-Beschreibungen, sondern um Verbundenheit mit der Welt. Grüner Journalismus hebt die Trennung zwischen Lesern und der Natur auf. Er zeigt sie lebendig und kritisch, macht aus Zuschauern Zeugen. Dazu braucht er eine lebendigere, eine lyrischere Sprache. Ein Interview über die Lehre und den Weg dorthin.

Notizen zur Sendung

  • Professur für Textproduktion an der Hochschule Darmstadt.
  • Nature Writing – Prof. Schäfer will Natur erfahrbar machen.
  • Bücher können Verhalten verändern.

„Sprache ist für mich ein unterschätzter Bereich von Journalismus, den wir in einer anderen Weise wieder andenken und testen müssen, um ein anderes Naturverhältnis mit zu bauen“

  • Wir sind stark dualistisch und trennen uns von der Natur – Subjekt und Objekt.
  • Es geht um psychologische und haptische Bedürfnisse beim Leser.
  • Andreas Weber, Naturphilosoph, spricht von einer neuen Lebendigkeit.
  • Sprache über Natur und Umweltprobleme muss eine andere Sprache sein, die lebendiger und ein Stück weit poetischer ist. Sie kann auch auch Emotionen schaffen, andere Zugänge schaffen, um eine Befindlichkeit auszulösen.

„Was Umwelt für uns ist, hängt davon ab, wie wir über die Natur sprechen“

  • Technische Sprache lässt Sachen offen, wir transportieren dabei Werte und Motive des Kapitalismus und der Ökonomisierung der Gesellschaft. Beispiel: Startup-Sprache: “Stake holder“. Da benutzen wir sehr viel und transportieren Werte dieser Logik und Systeme und schreiben sie auch so fort.
  • Menschen brauchen Sprache, die sie mit der Natur verbindet.
  • Beschäftigt sich sehr viel mit Flüsse.

Mit allen Sinnen arbeiten beim Schreiben

  • Lebendige Sprache tut dem Umweltjournalismus gut.
  • Ist eine sinnvolle Sprache, voller Sinne, unserer gesamten Sinne.
  • Autoren gehen in die Natur, laufen, schwimmen, übernachten, wir werden angesprochen über Gerüchte, das Visuelle, Temperatur, Vorstellungen, die man damit verbindet.
  • Viele Menschen haben eine große Natursehnsucht, gehen mehr raus, wollen sich da selbst finden, als Antwort auf eine Wettbewerbsgesellschaft und Entfremdung. Das ist es richtig, von Verbundenheit mit der Natur zu sprechen.
  • Im Journalismus muss man da noch eins Stück gehen.

„Wir sollten das neu denken, Journalismus und Literatur strikt zu trennen“

  • Es gibt einige wissenschaftliche Arbeiten, die drauf hindeuten, dass der Bedarf an mehr Naturverbundenheit in der Gesellschaft da ist: Städtisches Gärtnern, Kräuterkurse, Pilze sammeln, Landwirtschaft, Überlebenstraining, Wandern usw. sind beliebt.

„Es gibt einen Bedarf an einer anderen Sprache“

  • Grüner Journalismus: Immer verbinden mit einer kritischen Beschreibung der Verhältnisse. Muss begleitet werden von einem kritischen Kontext, sonst ist der Text nur eine journalistische Wohlfühlecke.
  • Verständlichkeit ist sehr wichtig.
  • Grüner Journalismus ist ein Spagat zwischen Beschreibung der Schönheit, lebendigen Prozesse und Kritik, Warnung des Verlustes.
  • Journalismus-Lehre muss sich verändern.
  • Geht mit seinen Studenten raus. In den Wald, lässt sie dort schreiben.
  • Baum mit seinen Ästen sehr genau beschreiben, bis hin dazu, etwas offen zu lassen und kleine Anreize zu schaffen, was die Kreativität fördert
  • Das geht erst, wenn Studenten ein bisschen schreiben können. Müssen also erstmal das journalistische Handwerk lernen
  • Raus gehen, dort das Schreiben üben, aber auch in anderen Seminaren rausgehen und in der Natur Ideen sammeln

Laufen und Natur ist ein toller Raum für Kreativität

  • Nachhaltigkeit ist ein Grundwert, auch im Journalismus, und das lehrt Schäfer seinen Studenten.
  • Ein ethisches Prinzip. Das muss stärker in die Ausbildung rein, noch bevor wir über Zielgruppen, Kanäle und Content sprechen.

Schlechttexte schreiben als Übung

  • Verstehen dabei die Elemente von Verständlichkeit, wenn man sie benutzt, um einen Text schlecht zu machen.
  • Wir sind jeden Tag in verschiedenen Sprachwelten unterwegs und das macht es uns schwer, verständlich zu schreiben und zu sprechen: mit den Kindern, mit dem Partner, im Beruf (Fachsprache), in offiziellen Situation, in Vorträgen, im sportverein. Auf dem land spricht man dann vielleicht im Dialekt. So pendeln wir zwischen Sprachwelten hin und her, manchmal gelingt dieser Sprung nicht ganz. Ich rede mit Kollegen in meiner Fachsprache und schreibe dann etwas, das alle verstehen sollen. Da kann es schwer werden, wieder in die Allgemeinverständlichkeit zu kommen.
  • Oft ist es bequemer, eine unverständliche Sprache zu sprechen und die Übersetzungsarbeit nicht zu machen. Viele wissen auch nicht, dass diese Übersetzung nötig ist.

https://gruener-journalismus.de

https://oj.mediencampus.h-da.de/personal/professorinnen/prof-dr-torsten-schaefer/

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