Texte kürzen: Tipps, Tools und Übungen

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In diesem Beitrag lernst Du die Kunst des Kürzens. Die Beispiele und Übungen sind ein Wegweiser für Deine eigenen Texte. Viele der folgenden Punkte prüfst Du mit Tools wie der WORTLIGA Textanalyse. Andere Tipps gehen noch tiefer und brauchen mehr Übung. Die beste Nachricht: Wenn Du nur die Hälfte umsetzt, sind Deine Texte prägnanter als die meisten anderen.

1. Frage Dich: Brauche ich den Satz?

Streiche überflüssige Gedanken und Details.

Beispiel:

Jeder, der schon einmal Opas schwere Spiegelreflexkamera in der Hand halten durfte, wird zustimmen, dass das ein komplett anderes Gefühl ist, als mit dem eigenen Smartphone seine Schnappschüsse zu schießen. Die klassische Spiegelreflexkamera, die sich nach wie vor hervorragend im Marktumfeld schlagen kann, hat allerdings große Konkurrenz bekommen. Nachfolgend soll einfach und verständlich geklärt werden, inwieweit sich Spiegelreflexkameras, Systemkameras, Bridge- und Kompaktkameras unterscheiden und welches System das richtige für deine individuellen Bedürfnisse ist.

Gekürzt:

Opas Spiegelreflexkamera ist ein echter Knochen im Vergleich zu Smartphone und moderner Digicam. Bridge-, System-, Kompaktkamera, iPhone und Co.: Alle machen gute Fotos – brauche ich also noch eine große Kamera? Wann Du welches Gerät für Deine Fotos benutzen solltest, liest Du hier.

2. Gibt es ein kürzeres Wort?

Achtung an Wissenschaftler, Marketer und Menschen in Behörden und Verwaltung – hier geht es vor allem um Eure Texte. Besser gesagt, um Eure Wörter.

Beispiele:

Zielsetzung —> Ziel

sämtliche —> alle

Entscheidungsträger —> Entscheider

Aufgabenstellung —> Aufgabe

Vielfältigkeit —> Vielfalt

Danksagung —> Dank

sicherstellen —> sichern

Ambitionen —> Ehrgeiz

Video mit mehr Beispielen zum Thema

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Springe über folgenden Link zur Checkliste fürs Kürzen von Texten (zum Ausdrucken)

3. Verben statt Hauptwörter benutzen

Überflüssige, trockene Wörter gehen uns allen leicht über die Lippen. Beim Schreiben müssen wir uns bemühen, den Amtsstuben-Stil wieder loszuwerden. Der Nominalstil kann in den meisten Fällen raus aus dem Text.

Beispiele:

Möglichkeit haben —> können

zum Ausdruck bringen —> sagen

Gültigkeit haben —> gelten

mit der Bitte um Rückgabe —> bitte zurückgeben

Zusammengesetzte Wörter aufbrechen

Der deutsche Wortschatz ist unglaublich groß. Sollte man meinen, doch eigentlich leben wir nur im Land der Dichter, Denker und Wortzusammensetzer. Ein Beispiel: Kartoffelbrei ist ein eigenes Wort im Deutschen. Auf Italienisch oder Französisch sagt man „Brei aus Kartoffeln“, im Englischen sagt man mashed potatoes, also pürierte Kartoffeln. Die deutsche Sprache hingegen verheiratet Brei und Kartoffeln zu einem neuen und längeren Wort.

Das ist für den Kartoffelbrei und seinen Leser nicht besonders tragisch. Das Wort ist geläufig und nicht außergewöhnlich lang. Doch betrachten wir einen wahren Bandwurm, den wir in den letzten Monaten viel zu häufig getroffen haben: die Ministerpräsidentenkonferenz.

Da läuft es einem gleich kalt den Rücken runter. Ich gebe zu, das liegt nicht nur an der Länge des Wortes, sondern auch an seiner Bedeutung. Aber schöner wird das Wort durch seine Länge nicht. Auch eine Wasserrutschengeschwindigkeit ist nicht der Stoff, aus dem die Träume der Leser sind.

Verben als Gegengift für unnötig lange Wörter

Wie beseitigen wir also die Ministerpräsidentenkonferenz? Keine Angst, es geht nur um das Wort. Konferenz der Ministerpräsidenten? Ministerpräsidenten-Konferenz? Das ist beides schon besser als zuvor. Aber gibt es keine elegantere Lösung?

Am Freitag fand die Ministerpräsidentenkonferenz statt

Wird zu

Am Freitag trafen sich die Landeschefs (zu ihrer Konferenz)

Positiver Nebeneffekt: aktiver Stil

Aus den Ministerpräsidenten wurden die kürzeren Landeschefs und aus der Konferenz ein aktiver Vorgang. Durch die Beseitigung des Bandwurms haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Neben einem zu langen Wort wurde der unschöne Nominalstil vermieden.

Bindestrich und Genitiv-Konstruktionen können, wie oben erwähnt, ebenfalls helfen. Sie sollten allerdings nicht Deine erste Wahl sein. Ausnahme: Du möchtest beispielsweise ein geflügeltes Wort beibehalten (siehe oben: der Stoff, aus dem Leser-Träume sind).

Hier kannst Du Dich entscheiden: Du bleibst bei der Variante mit Bindestrich oder Du löst die Konstruktion mit einem Genitiv auf (der Stoff, aus dem die Träume der Leser sind).

Oder Du formulierst das Ganze aktiv und trennst dich vom geflügelten Wort (auch von einer Wasserrutschengeschwindigkeit liest niemand gerne). Wenn Du lange Wörter in Deinen Texten infrage stellst, sorgt das in jedem Fall für ein besseres Gesamtergebnis.

Technik zum Kürzen langer Sätze mit vielen Informationen – Fragen stellen:

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4. Sätze kürzen

Füllwörter streichen

Nicht alle Füllwörter sind schlecht. Sie machen Sinnzusammenhänge klarer und können die Sprachmelodie verbessern. Wäge also ab, welche Füllwörter Du brauchst und welche Du in Deinem Text streichen willst.

Video zum Thema: Füllwörter zu Erfüllwörtern machen

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Beispiele für Füllwörter:

aber, irgendwie, anscheinend, ausdrücklich, keineswegs, demgegenüber

Nebensätze weglassen 

Viele Nebensätze schreiben wir unüberlegt sind, sie sind aber Ballast für unsere Texte. Unsere Leser danken es uns, wenn wir jeden Nebensatz abwägen.

Beispiele für gestrichene Nebensätze:

„Ich gehe einkaufen, um morgen noch etwas zum Essen im Kühlschrank zu haben.“

—> Ich gehe für morgen etwas zum Essen einkaufen.

„Um ein guter Texter zu werden, brauchst Du viel Übung.“

—> Mit viel Übung wirst Du ein guter Texter.

„Ist es möglich, dass Du mir das Zertifikat per E-Mail zusendest?“

—> Sendest Du mir das Zertifikat per E-Mail?

„Das zu sagen, stimmt nicht.“

—> Das ist falsch.

Relativsätze richtig einsetzen oder weglassen

Lange Sätze entstehen meist, weil Du als Autor Deinen Gedanken zu Ende bringen willst. Du möchtest eine Begründung oder Folge des Gesagten gleich mitliefern. Wenn wir solche zusätzlichen Informationen in Sätze einfließen lassen, sprechen wir auch von Relativsätzen. Sie schieben sich zwischen Subjekt und Prädikat des Satzes. Problem: Für den Leser erschließt sich die Bedeutung des Satzes erst mit dem Verb, das durch Relativsätze oft nach hinten wandert. Das macht Relativsätze zu einer möglichen Hürde. Im Folgenden lernst Du, wie Du dieses Problem löst.

Kurz erläutert: Relativsätze, Subjekt und Prädikat

  • Das Subjekt gibt an, wer oder was im Satz handelt oder worüber gesprochen wird.
  • Das Prädikat gibt an, was über das Subjekt gesagt wird, also welche Handlung oder welcher Zustand dem Subjekt zugeschrieben wird.

Nehmen wir als Beispiel:

  • Satz: Der Junge spielt Fußball.

In diesem Satz ist:

  • Subjekt: Der Junge
  • Prädikat: spielt Fußball

Der Junge (Subjekt) führt die Handlung des Spielens (Prädikat) aus.

Wenn wir nun einen Relativsatz hinzufügen, der sich zwischen Subjekt und Prädikat schiebt:

  • Satz mit Relativsatz: Der Junge, der eine rote Mütze trägt, spielt Fußball.

Hierbei ist „der eine rote Mütze trägt“ der Relativsatz, der das Subjekt „Der Junge“ näher beschreibt und sich zwischen dem Subjekt und dem Prädikat des Satzes einfügt.

Problem: Die Position des Relativsatzes macht den Satz schwerer verständlich – in wachsendem Maße, je länger und komplexer der Satz ist.

Beispiele für den falschen und richtigen Einsatz von Relativsätzen

Beispiel 1: Klarer Relativsatz

  • Klarer Satz: Der Künstler, der aus Berlin kommt, stellt aus.
    • Hier beschreibt der Relativsatz „der aus Berlin kommt“ das Nomen „Der Künstler“ direkt und ohne Verwirrung.

Beispiel 2: Verwirrender Relativsatz

  • Verwirrender Satz: Der Künstler stellt aus, der aus Berlin kommt.
    • In diesem Satz steht der Relativsatz am Ende. Das könnte zu Verwirrung führen, weil der Leser vielleicht erwartet, dass der Satz nach „stellt aus“ endet.

Beispiel 3: Irreführender Relativsatz

  • Irreführender Satz: Die Frau gibt dem Jungen den Apfel, der rot ist.
    • Hier ist unklar, ob der Junge oder der Apfel rot ist.
    • Besser: Die Frau gibt dem Jungen den roten Apfel.
    • Oder, falls der Junge rot ist: Die Frau gibt dem erröteten Jungen den Apfel.

Beispiel 4: Klare Platzierung, aber umständliche Satzstruktur

  • Umständlicher Satz: Autos, die auf Elektroantrieb basieren, sind umweltfreundlich.
    • Der Relativsatz „die auf Elektroantrieb basieren“ ist klar, aber er lässt das Prädikat „sind umweltfreundlich“ zu lange auf sich warten, was den Satz schwerer verständlich macht.
    • Besser: Elektroautos sind umweltfreundlich.

Schlüssige Inhalte durch getrennte Sätze

Kompliziert gesagt:

Der Leser, der den Text ja von vorne nach hinten liest, weiß erst, wenn er auf das Verb stößt, worauf der Satz hinausläuft.

Hier muss sich der Leser gleich zweimal durch zusätzliche Informationen kämpfen, bevor er zum Kern der Aussage gelangt. Die Begründung (Leser lesen von vorne nach hinten) erfolgt zu früh. Nämlich vor der eigentlichen Aussage. Auch die Bedingung im zweiten Teil (wenn er auf das Verb stößt) schiebt sich verwirrend in den Hauptsatz.

Besser wäre stattdessen:

Der Leser liest den Text von vorne nach hinten. Worauf der Satz hinausläuft, weiß er erst, wenn er auf das Verb stößt.

Oder:

Der Leser weiß erst, worauf der Satz hinausläuft, wenn er auf das Verb stößt. Der Grund: Er liest den Text von vorne nach hinten.

Oder (kürzer mit noch weniger Kommas):

Der Leser versteht den Satz erst, wenn er auf das Verb stößt – denn er liest den Text von vorne nach hinten.

Positiver Nebeneffekt des Kürzens: Du prüfst Sätze auf Logik und Gehalt

Wer Sätze aufteilt, betrachtet den Inhalt dadurch genauer. Im letzten Beispiel fällt dem Autor möglicherweise auf: Es besteht kein Zusammenhang zwischen den beiden Aussagen. Beides stimmt, aber das eine ist nicht der Grund für das andere. Es fehlt ein Puzzlestück:

Ja, man liest von vorne nach hinten. Doch das ist eine allgemein bekannte Tatsache und keine Begründung – zumindest nicht für das Verb-Problem des Lesers. Sein Problem entsteht, weil das Verb im Satz zu lange auf sich warten lässt. Das wiederum passiert durch Einschübe wie Relativsätze. Auf den als Begründung getarnten Zusatz (Leser lesen von vorne nach hinten) hätte man von Anfang an verzichten können.

Du siehst: Sätze trennen und kürzen macht nicht nur den Inhalt verständlicher. Manchmal entlarvst du dadurch sogar unnötigen Text-Ballast.

Wie Du kurze Sätze in Deinen Texten richtig dosierst, erfährst Du im Artikel Kurze Sätze als Stilmittel: So entfalten sie ihre Wirkung.

4. Passiv-Formulierungen streichen

Das Passiv ist in der trockenen Amtssprache zuhause. Meist können und sollten wir darauf verzichten.

Beispiele:

„Er wurde von den Helfern zum Unfallort gebracht.“

—> Die Helfer brachten ihn zum Unfallort.

„Es wurde um Unterstützung gebeten.“

—> Wir baten um Hilfe.

„Der Mond wird durch die Erde angezogen.“

—> Die Erde zieht den Mond an.

„Es handelt sich um Beispiele.“

—> Es sind Beispiele.

Achtung: Abkürzungen machen Texte kompliziert

Texte mit Abkürzungen haben zwar weniger Zeichen, aber sie lesen sich komplizierter. Verzichte deswegen auf Abkürzungen wie „Bsp.“, Km/h oder usw. (usw. zu schreiben ist sowieso eine Unart, weil schwammig. Besser zählen wir zwei, drei Wörter auf und machen klar, dass es Beispiele sind).

5. Überflüssige Adjektive streichen

„Der Hund bellt aufgeregt.“

—> Der Hund kläfft.

„Das Wetter ist schlecht.“

—> Es regnet.

Mehr Tipps zum sparsamen Einsatz von Adjektiven

Übung: So schweifst Du nicht mehr vom Thema ab

Schritt eins: Schreibe einen Kernsatz, der die Aussage Deines geplanten Textes auf den Punkt bringt.

Schritt zwei: Erweitere diesen Satz und schreibe eine Zusammenfassung des Themas (50-100 Wörter). 

Schritt drei: Erweitere die Zusammenfassung. Ergänze den Text mit Beispielen, Erzählungen, Details und einer kurzen Einleitung. 

Welche Tools und Programme fürs Kürzen von Texten gibt es?

Alle oben genannten Punkte prüfst Du mit der Wortliga Textanalyse. Das Tool nimmt Dir ab, wo Du kürzt, sondern markiert lange Sätze, lange Wörter, Passiv-Formulierungen, Adjektive oder Füllwörter. Damit fällt Dir das Kürzen leichter.

Texte automatisch kürzen – geht das?

Tools wie Resoomer werben damit, Texte aufs Wesentliche zu reduzieren. Bei meinen Tests der Software gingen wichtige Details des Textes verloren. Solche Tools können uns hilfreiche Anregungen geben, welche Teile unserer Texte entbehrlich sind. Verlassen sollten wir uns nicht auf die Ergebnisse. Aber teste es doch selbst – hier geht’s zu Resoomer.

Checkliste für kürzere Texte zum Ausdrucken

Lade hier unsere Checkliste für kürzere Texte herunter, drucke sie aus und denke immer an die wichtigsten Schritte fürs Texte kürzen.

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